Cover von Das Buch zum Hessentag 2017

Das Buch zum Hessentag 2017

Geschichten und Gedichte aus Rüsselsheim am Main

Autor: Nobert Blüm, Otti Geschka, Sonja von Opel u.a.
124 Seiten.
Herausgegeben von Hannah Winkler. Mit Illustrationen von Verena Grund
ISBN: 978-3-00-055669-2 · Preis: 7,95 €
Mit einem Beitrag von Georg Magirius

Kurzbeschreibung

24 Gedichte und Geschichten stellen die Hessentagstadt Rüsselsheim si vor, wie es T-Shirt, Kaffeetasse, Spielzeug-Astra und andere Souvenirs nicht können. Der promovierte Philosoph, einstige Werkzeugmacher bei der Adam Opel AG und Bundesminister Norbert Blüm erinnert an Pfarrer Gernot Jung. Otti Geschka schreibt über ihre Zeit als Oberbürgermeisterin. Die Olympiaschwimmerin Meike Freitag berichtet von einem Spielzeugbagger und Carlo und Sonja von Opel über die Familie Opel. Georg Magirius erzählt, wie sich das Stadion am Sommerdamm der Monogamisierung aller spielerischen Bewegungslust in Richtung Fußball widersetzt. 

Herausgeberin

Hannah Winkler ist 1984 in Rüsselsheim geboren, dort aufgewachsen und lebt heute in Gustavsburg. Sie hat viele Bücher verfasst, etwa „Gute Besserung! Das Krankenhaus-Gensungsbüchlein“ oder „Wir feiern Hochzeit„. Außerdem ist sie als Herausgeberin tätig.

Das Buch zum Hessentag 2017
Das Rüsselschwein – Illustration von Verena Grund

Illustratorin

Verena Grund wurde 1985 in Rüsselsheim geboren und geht dort ihrer künstlerischen Arbeit nach, insbesondere der Acrylmalerei und der Aquarellmalerei. Mit ihren expressiv-abstrakten Gestaltungen will sie den Betrachtern bewusst Freiräume zu eigenen Inerpretationen ermöglichen.

Leseprobe

Geboren für ein Stadion

Von Georg Magirius

(…) Ganz in der Nähe meiner Geburtstadt bin ich aufgewachsen, war in ihr allerdings so gut wie nie. Nur wenn im dortigen Stadion Sportfeste gefeiert wurden. Dann war ich eingeladen, weil ich Läufer war, der mit anderen über die Laufbahn rannte, manchmal war es wie ein Gleiten – auf keinen Fall ein Stampfen. Denn rustikale Bewegungen verhinderte die dortige Aschenbahn, die über ein elegantes Timbre verfügte. 

Das klingt in den Ohren vieler gewiss absonderlich, aber für jemanden, der mit dem Laufen auf den unterschiedlichsten Untergründen zurechtzukommen hatte, war diese Bahn ein Luxus. Aschenbahnen, die es heute kaum noch gibt, bedürfen gehöriger Pflege. Dann sind sie nicht gewöhnlich, wie das Wort Asche signalisieren mag. Die Bahn am Sommerdamm wirkte dank ihrer Farbe wie ein hellroter Teppich, auf dem an Sportfesten aristokratisch fein und weiß die Linien aufgezeichnet waren.

Für meine Füße fühlte sich die Bahn wundersam an. Denn sie besaß nicht wie andere Bahnen kniehohes Unkraut, war nicht betonähnlich versteinert und ließ beim erstbesten Regen auch nicht unüberwindliche Seen entstehen. Verkläre ich? Gewiss. So ist das bei einer Geburtsstadt, zu der man als Kind ein oder zwei Mal im Jahr wie zu einem Wallfahrtsort aufbrach, um ein Fest zu feiern.

Dazu hatte das Stadion mir riesenhaft erscheinende Pappeln! Und eine Tribüne, auf der Sportler saßen, die gerade nicht am Rennen waren. Sie klatschten, wenn die Laufenden sich dem Ziel näherten. Gelassen und freundlich klang der Beifall, völlig anders als bei Fußballspielen, sodass ich denke: Die heutige Monogamisierung aller spielerischen Bewegungslust in Richtung Fußball ist ein Skandal. Nämlich der Wille zur Vernichtung einer gelassenen Freundlichkeit, wie sie auf der Tribüne in Rüsselheim gewiss  noch heute zu erleben ist. (…)