Cover von Dies soll euch ein Zeichen sein

Dies soll euch ein Zeichen sein

Einstimmung auf Weihnachten

Autor: Georg Magirius
144 Seiten. Herder
fest gebunden - Lektorat: Dr. Esther Schulz
ISBN: 978-3-451-31261-8 · Preis: 14,99 €
mit Illustrationen von Ulrike Vetter

Die Hirten brachen auf, sind aber nicht sonderlich weit gekommen. Sie fanden Weihnachten in der Nähe.

Georg Magirius

Kurzbeschreibung

Prostender Engel
Illustration von Ulrike Vetter

„Die soll euch ein Zeichen sein“ verlegt die alte Weihnachtsgeschichte nach Lukas mit Witz und Fantasie in die Gegenwart. Engel prosten einander zu. Hirten durchforsten überquellende Möbelhäuser. Und Baby Jesus erhält sofort nach der Geburt vom Finanzamt seine Steuer-Identifikationsnummer. Doch nicht die Steuer-ID, sondern ein anderes Zeichen weist den Weg zum Frieden: eine Windel.

Pressestimmen 

„Magirius’ Fragen, die an berechtigte Kinderfragen erinnern, lassen einen wieder staunen.“ – Amet Bick, Wochenzeitung für Berlin und Brandenburg

„Besonders gut gefallen mir die Einblendungen der Kindheits-Jugendpassagen inmitten der Weihnachtsgeschichte: Genial gemacht!“  – Gabriele Wohmann

„Die Texte des Autors fädeln an der lukanischen Erzählung entlang, suchen nach Stich­­worten, die ins Jetzt und Hier passen. Die finden sich: Sehnsucht, Fremde Heimat, Aufbruch, Rand und Mitte, Glück und Neubeginn.“ – Brigitte Böttner, Konradsblatt, Wochenzeitung für das Erzbistum Freiburg

„Magirius gelingt es, dass man plötzlich innehält.“ – Ilka Scheidgen, Die Tagespost

„Immer lässt sich das Wunderbare und Hoff­nungsfrohe spüren, ohne dies jedoch vorzuschreiben.“ – Mercedes Rehm, Wortschmiede 

„Ein Buch, das sorgfältig gelesen werden muss, weil es ein Schatz ist.“ – Marissa Conrady, Reading is sexy

„Die alte Weihnachtsgeschichte spielt auch in Frankfurt. Kultstatus genießt dabei inzwischen, wie sich die Ordnungsmacht des Kaisers Augustus in heutigen Polizisten austobt.“ -Bockenheim-aktiv

„Der Weihnachtsbeleuchtung und musikalischen Berieselung in den Geschäften entkommt man kaum, das War­ten und Erwarten des Advents scheint übersprungen. Da tut es gut, wenn Georg Magirius auf den Kern des Festes hinweist. – Kurt Helmuth Eimuth, Ev. Frankfurt 

„Eine wohltuende Einstimmung auf Weihnachten!“ – Thology.de

Georg Magirius im Bayerischen Rundfunk

Die Streitmacht des Himmels kämpft nicht, sondern gerät in einen musikalischen Rausch, weil ein Baby geboren ist.

Georg Magirius in der Sendung „Ein großes Heer, das Frieden singt“ im Bayerischen Rundfunk
Himmelsspiel (Harfe: Bettina Linck) – BR (Aussschnitt der halbstündigen Konzertlesung)

Konzertlesungen

„Traditionell und überraschend  modern, musikalisch furios und anrührend komisch.“ – Patricia Andreae, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Konzertlesung in der Friedenskirche in Darmstadt

„Die Weihnachtsgeschichte wird so erzählt, als wären in ihr Leerstellen eingebaut, damit auch heute Menschen Platz darin finden.“ – Ute Heuser-Ludwig, ERF, Konzertlesung in der Radioreihe Lesezeichen 

„Eine Bibellesung der anderen Art: Der Theologe und Schriftsteller Magirius ist bekannt für seine unkoventionelle und zeitgemäße Auslegung der Heiligen Schrift.“ – Christoph Schröder, Journal Frankfurt, Konzertlesung in St. Katharinen Frankfurt am Main

Leseprobe

Alles soll seine Ordnung haben

(…) Von Kaiser Augustus geht der Befehl aus, das Dogma, alle Welt schätzen, also in Listen zu schreiben. Denn alles soll seine Ordnung haben, nichts Neues wird mehr passieren. Auch heute noch ist diese Ordnungsmacht tätig. Wenn es zum Beispiel darum geht, nur ja nichts zu tun, um gegen das Gesetz der guten Meinung zu verstoßen. Das ist eine Art, wie Kaiser Augustus heute regiert: Raffiniert und sanft.

Es gibt aber auch andere Formen. Einmal bin ich auf eine Ordnungsmacht gestoßen, die nicht feinsinnig operierte. Doch auch sie wollte mich in die Liste eintragen als einen, der ich nicht bin und nicht sein wollte. Ich hatte keine Chance zur Flucht. Es klingt womöglich witzig, ist aber kein Witz. Auch ist es nicht ausgedacht, denn Dogmen können wirklich werden.

Hatte das Fahrradrücklicht gebrannt?

Ich fuhr Fahrrad. Das ist eigentlich noch nichts Schlimmes. Es geschah spät in der Nacht – war das bereits verdächtig? Andererseits: In einer Stadt, die sich rühmt metropolengleich wundersam hohe Häuser zu besitzen, dürfte Fahrrad fahren nach Mitternacht noch kein Anschlag auf die gute Meinung sein. Hinter einer Mauerecke springt ein Polizist hervor: „Absteigen! Losloslos! Fahrrad auf den Boden.“ Mein erster Gedanke – und diebisch freue ich mich, bin geradezu euphorisch: Mein Rücklicht ist nicht kaputt! Ich gestehe, es hat Im Lauf meines Lebens schon das eine oder andere Fahrrad gegeben, dessen Rücklicht nicht in jeder Nacht funktionierte. Aber diesmal – ha! Es hatte gebrannt – ich wurde unsicher – oder etwa nicht?

Terrorist in Frankfurt

„Hände hoch!“ Das mit den erhobenen Händen war längst nicht alles, was die Ordnungsperson forderte. Ich hatte mich auch an ein parkendes Auto zu stellen, die Füße breit, die Hände aufs Dach – was ich bereits aus Krimis kannte. „Heiße Spur!“, grunzte der Mann mit Waffe in sein Funkgerät, mit dem er eine Streife zu uns lockte. Das Fest im Freien, das ich besucht hatte, schien sich endgültig dem Ende zu nähern. Besucher spazierten vorbei, die mich interessiert musterten. „Aber ich bin doch gar nicht der, von dem Sie meinen, dass ich es sei!“, argumentierte ich dem Polizisten gegenüber. O ja, ich war durcheinander. „Wer soll ich sein?“, versuchte ich die Situation einfacher zu fassen.

Die sich dazugesellenden Kollegen von der Streife ähnelten zwei Fässern – so dick waren die Schusswesten, die sie unter ihren Hemden trugen. „Das wird sich schon noch zeigen“, wichen sie meiner Frage aus. Inzwischen waren Geldbeutel und Personalausweis in die Hände der Ordnung gewandert. Wem das Geld wirklich gehöre, werde sich erweisen, sagten die Statthalter der Ordnung. Ich hatte eine Suchanleitung abgeben müssen, damit sie meine Reichtümer aus der Tasche fischen konnten.

In Handschellen

Längst trug ich Handschellen. Das war mir von Fastnachtsspielen noch vertraut. Und es überraschte mich, wie sehr das kindliche Spiel von einst helfen kann, die Rolle eines Schwerverbrechers zu übernehmen. „Woher haben Sie das Fahrradschloss?“ Ich konnte antworten – und es sogar öffnen. Und dann, dann sagte einer von den Westenträgern: „Vielleicht ist das hier ein Irrtum?“ Ich hätte ihn umarmen wollen, aber auch das ging mit Handschellen nicht. Es war mein erster freier Atemzug seit fünf Minuten. Ich ahnte, dass ich vielleicht doch noch einmal der sein zu dürfen, der ich war – und nicht etwa der, den ein Dogma, ein Gebot der Ordnung, aus mir machen wollte. Ich war Fahrradfahrer – und kein Bankräuber, Mörder, Terrorist.

Auf der Wache wurde telefoniert: „Noch einmal zu Ihrem Anruf wegen des vorhin gestohlenen roten Fahrrads: Handelt es sich um ein Herrenrad?“ Nein, nein, nein – natürlich nicht! Und ich war frei. Das gestohlene Gefährt muss ein Damenrad gewesen sein. So wurde ich nicht festgeschrieben in die Liste: Fahrraddieb. (…)